Fragen an Matthias-Govinda
- mit Antworten von Matthias-Govinda ... der Text widmet sich aktuellen Tendenzen meiner Arbeit. Er wird von Zeit zu Zeit aktualisiert und durch neue Fragen ergänzt.
Bist Du eigentlich verrückt?
Ja, durchaus. Manchmal. Mir gefällt dieser Begriff in der deutschen Sprache. Letztendlich sagt er, dass nicht alles so gesehen werden muss, wie es die meisten Menschen sehen. Wir Menschen haben einen Konsens geschaffen und uns darauf geeinigt, wie unser Lebensraum zu definieren sei. Dabei vergessen wir oft, dass man alles auch ganz anders sehen kann. Das einzige Problem verbunden mit dem Verrückt-Sein ist, wenn jemand nicht selber in einer aktiven Rolle ist, aus der heraus er sich verrücken kann. Wer verrückt sein will, sollte genau wissen, wie er wieder in einen Zustand der Wahrnehmung zurückfinden kann, die dem Konsens der ihn umgebenden Gesellschaft entspricht.
Du nennst es eine Session - was passiert, wenn jemand zu dir kommt?
Aüsserlich oftmals sehr wenig. Ein Zuschauer, der in Erwartung von äusserer Handlung dabeisitzt, würde vielleicht sogar bei manchen Sessions einschlafen. Und er würde sich vermutlich später wundern, wieso er sich nach diesem Schlaf so erholt fühlen würde. Denn allein die Anwesenheit im Sessionraum wirkt. Das hat unter anderem damit zu tun, dass in einer Session als erstes die Bedingungen des Raumes verändert werden. Damit meine ich jetzt nicht, dass irgendwelche Gegenstände im Zimmer verschoben werden. In einer Session werden Faktoren verändert, die für uns im Alltag normal sind. Z.B. kann es sein, dass in einer Session das Gefühl für Zeit komplett verloren geht. Das ist gut so, denn die Zeit nicht mehr als Zeit wahrzunehmen bedeutet in der Gegenwart anzukommen. In so einem Zustand beginnst Du, Dich selber unter einem anderen Blickwinkel wahrzunehmen und zu erleben. Ein Hilfsmittel hierfür ist, um ein einfaches Beispiel zu nennen, das bewusste Achten auf die eigene Atmung. Es geht dabei nicht um eine Atemtechnik, sondern ein Hinspüren zum eigenen Atemfluss. Dies geschieht mehr nebenbei – ich werde Dich von Zeit zu Zeit vielleicht auf Dein Atmen hinweisen. Du kannst bei dieser Herangehensweise etwas von Dir entdecken, was Dir bisher vielleicht nicht bekannt war. Durch diese Aufmerksamkeit wird eine Möglichkeit gegeben, dass Veränderung beginnen kann. Das ist jetzt aber nur ein sehr einfaches Beispiel. Die Session ist ein Rahmen, der geschaffen wird, damit in Dir etwas in Bewegung kommen kann. Denn die Lösung für alle Deine Themen, egal ob sie körperlicher oder psychischer Natur sind, liegt in Dir. Ich versuche also nur, Dir mit unterschiedlichsten Methoden eine Unterstützung zu geben, mit der Du in die Lage kommst, in Dir etwas zu verändern, was sich Dir in Deinem Leben als nicht stimmig zeigt.
Wieso steht so wenig über die Inhalte Deiner Arbeit auf Deinen Webseiten?
Inhalte im Sinne von Methoden? Nun, ich weiss nicht so recht, wo ich da anfangen soll. Es gibt verschiedene Methoden körpertherapeutischer Arbeit, die ich gelernt habe. Einige davon basieren auf der Arbeit von Wilhelm Reich, der nicht nur auf körpertherapeutischer Ebene Pionierarbeit geleistet hat. Andere Methoden habe ich mir in meiner Praxis über Jahrzehnte erarbeitet. Das sind sozusagen meine eigenen Methoden. Es gibt ein recht vielfältiges Repertoire, auf das ich gerne zurückgreife, wenn ich daraus etwas brauche. Gleichzeitig gibt es kein festgelegtes Konzept oder einen vorherbestimmten Ablauf für eine Session oder ein Training, da sich die Arbeitsschwerpunkte aus den Themen und insbesondere der individuellen Situation des Menschen, die zu mir kommt, ergeben. Jeder „Arbeitsplan“ sieht anders aus. Das macht meine Arbeit sehr spannend. Also für mich selber. Und eigentlich auch immer für die Person, die zu mir kommt.
In den vergangenen Jahren habe ich phasenweise inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. Eine Zeitlang stand die neoreichianische Körperarbeit im Zentrum meiner Arbeit. Über mehrere Jahre lag der Schwerpunkt bei sogenannten „Tantramassagen“. Aber der Begriff der Tantramassage stimmt für mich schon lange nicht mehr, da es im Tantra gar keine Massagetechnik oder einen festgelegten Massageablauf geben kann. Das ist ein Widerspruch in sich. Aber das sei hier nur nebenbei erwähnt.
Mir steht heute ein breites Spektrum unterschiedlichster Tools für die Gestaltung meiner Arbeit zur Verfügung. Und es ist nicht wirklich wichtig, ob Du mir auf einem Stuhl gegenüber sitzt, auf einer Massagebank liegst oder sich die Session auf einer Matte auf dem Boden abspielt. Wichtig ist allein, dass wir gemeinsam das stimmige Setting herausfinden.
Du schreibst etwas von „osteopathischen Grundlagen“ deiner Arbeit – bist Du Osteopath?
Die Osteopathie beschäftigt sich mit Nerven, Organen und dem Bindegewebe. So wie ich Osteopathie verstehe, macht ein Osteopath nichts. „Machen“ im Sinne von „Eingreifen“. Zur Arbeit eines Chirurgen gehört ein Skallpell, er schneidet. Ein Osteopath geht in ein „Gespräch“ mit dem Körper und motiviert diesen, heil zu werden. Das ist ein krasser Kontrast zu irgendwelchen medizinischen Richtungen und sicherlich auch manchen Osteopathen, die meinen, sie würden durch ihr „Eingreifen“ oder „Behandeln“ irgendetwas wesentliches bewirken. Ich rede hier von einem Einwirken an den Grundstrukturen, auf denen der aktuelle Zustand Deines Körpers fusst. Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll oder sogar notwendig ist, auch am Symptom zu arbeiten. Aber das Symptom hat seine Wurzeln. Und der Ansatz an den Wurzeln geht tiefer. Wenn ich am Symptom arbeite verschwindet das Symptom und kommt irgendwann wieder, manchmal dann ein wenig anders verkleidet, aber als Ausdrucks des gleichen Problems, das aber im Bereich der Wurzeln liegt. Die Kenntnis des Körpers und die Erfahrung mit seinen Formen, sich ausdrücken, führt immer zu den Wurzeln. Und hier herrscht meist Stress. Die Kunst der Osteopathie ist in meinen Augen, den Körper oder einzelne Bereiche des Körpers in einen entspannten Zustand zu versetzen, so dass dieser in die Lage versetzt wird, bestehende Defizite aus der eigenen Kraft heraus selber zu regulieren. Diese Herangehensweise an egal welches Thema, welches sich körperlich äussert und was nach meiner Erfahrung fast immer auch eine psychische Komponente hat, entspricht auch meiner Arbeitsweise.
Gibt es Altersbeschränkungen, um zu Dir zu kommen?
Nein, es gibt bezüglich des Alters überhaupt keine Beschränkungen. Wenn sehr alte oder sehr junge Menschen kommen, brauchen diese möglicherweise jemanden, der sie dabei begleitet. Babys können sogar schon zu mir kommen, solange sie noch im Bauch ihrer Mama sind. Und schwangere Müttern kommen eh immer in Begleitung ihres Babys. Vom Embryo bis zum Greis sind wir alle Geschöpfe, die Aufmerksamkeit bezüglich der eigenen Bedürfnisse brauchen. Und damit dürfen alle kommen ...
In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch einmal ein Grundgedanke bezüglich meines Ansatzes wichtig: Meine Arbeit basiert darauf, einem Individuum Wege in das eigene Potential aufzuzeigen. Dabei ist der Ausgangspunkt immer der Ist-Zustand eines Menschen. Das Potential kann z.B. durch körperliche Zustände eingeschränkt werden, die wir als Krankheiten wahrnehmen oder definieren. Oder durch belastende und einschränkende psychische Zustände, die sich z.B. als Traumata oder als Ängste zeigen. Der Kontakt mit einem anderen Menschen, der dies erkennen kann und durch die Auseinandersetzung mit sich selber und seiner eigenen Geschichte ein grosses Potential (Weite) gewonnen hat, kann das Individuum auf seinem Weg, eigene Limitierungen zu überwinden, unterstützen. Dieser Entfaltungsprozess ist definitiv nicht an irgendein Alter gebunden. Schon ein ungeborenes Baby kann sich durch sein Erleben z.B. zum Zeitpunkt seiner Zeugung unwohl fühlen. Und auch ein 90jähriger kann den Wunsch haben, die ihm bewusst werdenden Limitierungen hinter sich zu lassen. Wobei zur Altersgruppe von Kindern und Jugendlichen bis etwa zur Pubertät zu ergänzen ist, dass hier ohne die Bereitschaft der Eltern, ebenso zu ihren eigenen Themen zu schauen, Veränderungen oftmals im Sande verlaufen.
Aber kommen dürfen wie gesagt altersmässig alle.
Was hat die Entwicklung Deiner Arbeit, die Du hier beschreibst, eigentlich mit Tantra zu tun?
Das ist Tantra. Aber wenn ich das so sage, sollte ich vielleicht ein klein wenig erläutern, was für mich Tantra bedeutet. Tantra hat nichts mit dem zu tun, was du in der Welt tust, sondern wie du es tust. Es geht im Tantra um eine Haltung und nicht um eine Methode. Wir können uns also gegenüber sitzen und reden und das ist Tantra. Wenn ich jetzt daraus eine Methode oder eine Lehre machen würde, die sagt, dass diese äussere Form des Zusammenseins, die wir uns hier heute gewählt haben, von allen so praktiziert werden sollte und wir nennen das Ganze dann „Tantra“, dann wäre das kein Tantra mehr. Aus diesem Grunde gibt es für mich auch keine Tantramassagen, die nach bestimmten Regeln ablaufen. Tantra kennt keine Regeln, sondern sucht sich immer das, was in diesem Moment stimmt. Das verlangt sehr viel Übung, denn es ist natürlich einfacher, sich an irgendeine Regel oder Methode zu halten. Einen weiteren Aspekt von Tantra hast Du vielleicht schon mal gehört – der Begriff, der aus dem Sanskrit stammt, hat etwas mit „verweben“ zu tun. Da können also die unterschiedlichsten Dinge miteinander verwoben werden. In der Praxis des Tantra lernst Du, Deinen eigenen Teppich zu weben. Diesen Teppich gibt es nicht zweimal und du kannst nirgendwo kopieren. Was Du dabei über Dich selber lernen kannst ist abenteuerlich und spannend und wirbelt Dein Leben immer von Neuem auf angenehme Weise durcheinander.
Warum hast Du kein Foto mehr auf Deiner Webseite?
Weil ich der auf dem Foto nicht bin. Aber es gibt viele Möglichkeiten, sich ein Bild von mir zu machen. Jemand kann in eine meiner offenen Gruppen oder Seminare kommen oder auch zu einem Vorgespräch in meine Praxis. Das ist mehr wert, als sich ein Foto von mir anzuschauen.
Stand: Mai 2014
Der obige Beitrag ist ein Text, der sich durch weitere Fragen weiter entwickelt. Wenn Du eine Frage stellen möchtest dann tu das gerne!