In zwei Monaten gibt es die letzte Veranstaltung der Liebhaberschule in diesem Jahr. Ich schicke hier ein paar persönliche Gedanken vorweg. Das Thema irritiert mich nämlich. Ich treffe reihenweise auf Männer, die frustriert sind über einen zu begrenzten Raum von Sexualität in ihrem Alltag bzw. eine sie selber nicht befriedigende oder problemgeladene Gestaltung ihres Lust-Alltags. Und ich treffe auf noch mehr Frauen, die händeringend nach Männern suchen, mit denen sie eine Erfüllung ihrer Lust leben können. Irgendetwas läuft doch hier schief!
Der gerade angedeutete Widerspruch war für mich im vergangenen Jahr der Impuls, das Thema “Liebhaberschule” (zu Beginn “Liebesschule” genannt) zu starten. Ich habe da nicht mit einem Ansturm gerechnet, denn immerhin glaube ich die männliche Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit sich selber als Mann, die Reflektion des Alltags und das dann noch alles unter Männern ein wenig zu kennen. Zum anderen weiss ich von Erfahrungen anderer, die Versuche unternommen haben, den Rahmen der Mainstream-Männerarbeit zu sprengen und z.B. Berührung, die über Schulterklopfen und in den Arm nehmen hinausgeht, in ihre Gruppen zu integrieren. Schwieriges Thema, wie mir auch Andro, selber Pionier bezüglich der Auseinandersetzung von Männern mit ihrer Sexualität, vor ein paar Tagen im Gespräch noch einmal bestätigte. Aber Männer, mal ganz ehrlich - durch das Pflegen und Hegen einer reduzierten Männlichkeit werden wir mit den Frauen doch auch in Zukunft weiterhin nur das erleben, was wir eh schon kennen! (Und wahrscheinlich mit zunehmendem Alter noch viel weniger ...)
Mit einer reduzierten Männlichkeit meine ich einfach, dass wir nicht unsere volle Kraft ausschöpfen und vielfach unsere aus der persönlichen Geschichte stammende einseitige Ausprägung unserer männlichen Präsenz nur verstärken, an Stelle uns mal an die anderen Aspekte unseres Mann-Seins heranzuwagen. Unter einer “einseitige Ausprägung unserer männlichen Präsenz “ verstehe ich auf der einen Seite eine Kultivierung des verständnisvollen Männertyps, der eine Frau sanft und liebevoll berühren und ihr stundenlang zuhören kann und nicht merkt wann der Punkt gekommen ist, wo es darum geht, die Frau endlich zu nehmen und mal kurz Pause mit dem Verständnisvollen zu machen. Und auf der anderen Seite meine ich die Kultivierung einer Form von Männlichkeit, die zwar eine Frau nehmen kann, die aber keine Facetten einer Sensibilität z.B. für eine sanfte Berührung kennt, da diese einfach nicht zum eigenen Repertoire gehört. Es ist “spannend”, manche Männer über Jahre hinweg zuzusehen, die ihre männliche Monokultur geradezu hegen und pflegen ...
Doch wenn ich mir das so ansehe komme ich manchmal an einen Punkt dass ich mich ärgere! Möglicherweise bist Du persönlich gerade die falsche Addresse für meinen Ärger, aber ich wäre doch wirklich gerne von ein paar mehr Männern umgeben, die das Spektrum ihrer eigenen Männlichkeit in seiner Vielfalt lebendiger werden lassen. Die ich “empfehlen” könnte, wenn gerade mal wieder eine Frau von frustrierenden Erfahrungen berichtet. Und wenn es nur um das simple Beispiel geht -welches nebenbei gesagt ein Dauerbrenner ist- dass Frau schon wieder auf jemanden gestossen ist, der in reifem Alter immer noch nicht in der Lage war, sich einigermassen entspannt ein Kondom überzustreifen.
Apropos “reifes Alter” - damit wäre ich beim Thema des nächsten Abends der Liebhaberschule am 14. November im Toulouse. Es lautet
Als Mann älter werden ...
Und wir werden nun mal älter, daran führt kein Weg vorbei. Was macht diese Tatsache mit uns? Wie wirkt sich dieser Prozess in unserem Alltag als Mann aus? Ist Älter-Werden für uns eher eine Belastung oder erleben wir es als eine Chance, die bisher im Leben gemachten Erfahrungen in einen vielleicht immer komplexer und bunter werdenden Alltag zu integrieren?
Die gestellten Fragen werden wir an diesem Abend nicht lösen, aber wir werden uns ihnen stellen. Unter Männern. Bewegt, berührt, im Austausch. Und wenn Dein Alltag in Deinem Leben zur Zeit nicht besonders bunt ist, dann kann dieser Abend mit Sicherheit sowohl dazu beitragen, ihn bunter werden zu lassen oder Dir zumindest ein paar Impulse geben ...
Wenn Dich dieser Beitrag in irgendeiner Form anspricht dann komm! (Du kannst das Thema natürlich auch ignorieren oder mir eine saure Mail schreiben, wobei mir letzteres in der Tat lieber wäre als Deine Ignoranz, wenn Du schon bis hierhin gelesen hast ...) Der 14. November könnte die letzte Veranstaltung der “Liebhaberschule” sein, denn diese Resonanz brauche ich schon, wenn das Projekt fortgeführt werden soll.